München (ots) –
– Ein Gericht für einen riesigen Wirtschaftsraum
– Neues Patentrechtssystem stärkt die Innovationsmacht Europa gegenüber China und den USA
– In 17 EU-Mitgliedstaaten schneller, einfacher und kosteneffizienter zum Patentschutz
– Meilenstein für IP-Kanzleien und Unternehmen
Am Donnerstag, 1. Juni 2023, nimmt das Einheitliche Patentgericht, kurz EPG, seine Arbeit auf – nach jahrelanger Planung, Entwicklung und mehreren Terminverschiebungen. Es ist Kernbestandteil des neuen Einheitspatentsystems, das in 17 Mitgliedstaaten der Europäischen Union gültig ist. Weltweit haben sich IP-Kanzleien auf dieses Ereignis vorbereitet, das ein Meilenstein der europäischen Integration ist. Zudem profitieren die innovationsstarken Unternehmen Europas, vor allem aus Deutschland: Mit der Harmonisierung des Patentrechts kann es Europa endlich unter faireren Wettbewerbsbedingungen mit der Konkurrenz aus China und den USA aufnehmen.
Schutz des europäischen und internationalen Innovationswettbewerbs
Patente sind das Herzstück der deutschen Wirtschaft. 20 Jahre lang schützen sie Erfindungen – Produkte ebenso wie technische Verfahren – vor unerwünschter Nachahmung durch Wettbewerber. Damit stärken sie die Wettbewerbsfähigkeit innovationsstarker Unternehmen und des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Entsprechend wichtig sind für Unternehmen die Absicherung und Verteidigung ihrer Patente in Deutschland, Europa und darüber hinaus. In Europa konnten innovative Unternehmen ihre Erfindungen bislang nur Land für Land durchsetzen. Dies war teuer, ineffizient und führte bisweilen sogar zu widersprüchlichen Entscheidungen der nationalen Gerichte. Mit dem Einheitlichen Patentgericht erhalten Unternehmen jetzt die Möglichkeit, ihre Patente in der EU vor einem Gericht zentral durchzusetzen. Auf diese Weise können sie Zeit und Kosten sparen.
„Mit dem Einheitlichen Patentgericht gibt es erstmals eine fachspezifische EU-Gerichtsbarkeit. Dieser Schritt unterstreicht die Bedeutung, welche die Europäische Gemeinschaft der Förderung und dem Schutz des europäischen und internationalen Innovationswettbewerbs beimisst“, betont Philipp Rastemborski, Partner und Rechtsanwalt bei der IP-Kanzlei Meissner Bolte. „Das neue Patentgericht hat es sich zum Ziel gesetzt, die Reichweite nationaler Patentverfahren auf den von ihm abgedeckten Wirtschaftsraum – den zweitgrößten weltweit – auszudehnen. Dies soll den Nutzern eine starke Option neben der Rechtsdurchsetzung insbesondere in den USA und China bieten.“
Rechtsprechung des EPG in allen teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten wirksam
Das EPG ist für Fragen der Verletzung und der Rechtsgültigkeit von Einheitspatenten zuständig. Wird eine Patentverletzung festgestellt und erweist sich das Patent als wirksam, kann das neue Gericht die Nutzung eines patentverletzenden Produktes oder Verfahrens in allen teilnehmen Mitgliedstaaten verbieten. Andererseits ergibt sich für Patentinhaber*innen ein höheres Risiko: Ein Einheitspatent kann durch ein einziges Nichtigkeitsverfahren vor dem EPG für alle Länder, in denen es gültig ist, zu Fall gebracht werden.
Zeitgleich mit dem Start des EPG wird das Einheitspatent – das sogenannte Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung – eingeführt. Dieses komplettiert das neue System, denn es bringt vergleichbare Vorteile in Bezug auf die Anmeldung von Patenten. Mit einem einzigen Antrag beim Europäischen Patentamt (EPA) kann das Unternehmen in den 17 am System teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten Patentschutz für seine Innovation gewinnen. Damit erhalten Erfinder*innen nicht nur einen territorial breiten, sondern auch einen in allen teilnehmenden Staaten identischen Schutz für ihr Patent. Für Anmelder*innen wird das Verfahren damit ebenfalls einfacher und kosteneffizienter, da sie sich parallele Patentanmeldungen in den verschiedenen Ländern sparen können.
Ein Gericht für einen riesigen Wirtschaftsraum
Das Einheitliche Patentgericht ist ein gemeinsames Gericht aller teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten. Zu Beginn nehmen 17 Länder der europäischen Union daran teil, darunter mit Deutschland, Frankreich und Italien drei G7-Staaten und die für die Wirtschaft des EU-Binnenmarktes bedeutendsten Nationen. Weitere Mitgliedstaaten wollen folgen. Zusammen haben die teilnehmenden Staaten rund 400 Millionen Einwohner und erwirtschafteten zuletzt durchschnittlich ein Bruttoinlandsprodukt von rund 16 Billionen US-Dollar. Damit ist der Wirtschaftsraum weltweit der zweitgrößte hinter den USA (ca. 21 Billionen US-Dollar) und noch vor China (knapp 15 Billionen US-Dollar).
„Wir erwarten, dass das EPG höhere Schadensersatzsummen zusprechen wird, als dies bislang in nationalen Patentverletzungsfällen üblich war. Schließlich kann das neue Gericht nun Schadensereignisse in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten berücksichtigen“, so Philipp Rastemborski von Meissner Bolte.
Große Herausforderungen für IP-Kanzleien und Unternehmen
Das neue Patentrechtssystem mit dem EPG stellt große Herausforderungen an Rechts- und Patentanwält*innen sowie Unternehmen. Letztere müssen eine neue Patentschutzstrategie entwickeln, um das Beste aus dem neuen System für sich herauszuholen. Nicht für jedes Patent ist es sinnvoll, das neue Einheitspatentsystem zu nutzen, sondern stattdessen Patente in gewohnter Weise vor nationalen Gerichten durchzusetzen. Denn das neue System bietet Patentinhaber*innen nicht nur deutliche Vorteile, sondern birgt auch gewisse Risiken.
Kanzleien vernetzen sich über Ländergrenzen hinweg
IP-Kanzleien müssen sich mehr denn je international vernetzen und Partnerschaften mit Kanzleien aus anderen Mitgliedstaaten auf- und ausbauen: Die renommierte IP-Kanzlei Meissner Bolte hat sich mit Kanzleien aus Frankreich und Italien zum „European Patent Litigators Network“ (EPLN) zusammengeschlossen, um die Expertise im europäischen Patentschutz zu bündeln und länderübergreifend agieren und beraten zu können. „Zwar gibt es künftig ein einheitliches Rechtssystem, dennoch finden die Verfahren vor Lokalkammern in verschiedenen Ländern mit lokalen Richtern statt. So wird die durch nationale Rechtstraditionen geprägte Herangehensweise der einst lokalen Richter zumindest zu Beginn des Systems in das Einheitspatentsystem hineinwirken – nicht zuletzt aufgrund der jeweiligen Landessprache, in der die Verfahren geführt werden können“, erläutert Philipp Rastemborski.
Als gemischte Kanzlei mit über 80 Anwält*innen, die eine Beratung sowohl durch prozesserfahrene Rechtsanwält*innen als auch Patentanwält*innen mit technischer Spezialisierung aus einer Hand anbieten kann, sieht sich Meissner Bolte gut gerüstet für Patentrechtsfälle vor dem EPG. „Unsere Experten waren in den Entwicklungsprozess des neuen Systems eingebunden und zum Teil auch dabei, als in der Europäischen Kommission die ersten Entwürfe für ein Einheitliches Patentgerichtsabkommen erarbeitet wurden. Mit simulierten Prozessen und Schulungen unserer Anwält*innen und weiteren Mitarbeitenden haben wir uns intensiv auf den Start des EPG vorbereitet“, sagt Philipp Rastemborski.
Das EPG ist dezentral organisiert und in Deutschland mit vier Standorten vertreten (Düsseldorf, Hamburg, Mannheim und München). In der ersten Instanz befindet sich eine Zentralkammer, mit Abteilungen in Paris, Mailand und wiederum in München. Das EPG-Berufungsgericht hat seinen Sitz in Luxemburg.
Weitere Informationen und Bildmaterial sind unter diesem Link (https://drive.google.com/drive/folders/16q4bL0MFbRITDynGnc4k1VEOW0_-184a?usp=share_link) zu finden.
Über Meissner Bolte
Meissner Bolte ist eine Full-Service-IP-Kanzlei, die Prosecution und Litigation von Patenten, Trademarks und Designs anbietet. An elf Standorten in Deutschland und einem in Großbritannien berät unser Team aus mehr als 60 Patent- und 20 Rechtsanwält*innen sowie insgesamt 320 Mitarbeitenden unsere Mandant*innen aus den verschiedenen Industrien. Wir bearbeiten mehr als 2.000 Patentanmeldungen pro Jahr und gehören zu den führenden Repräsentanten für Trademarks und Designs beim EUIPO. Mit 50 Prozent inländischen und 50 Prozent internationalen Mandant*innen sind wir die größte IP-Kanzlei in Deutschland für nationale Mandant*innen. Dabei deckt unsere Expertise sämtliche Branchen ab mit Schwerpunkten in den Bereichen Automotive und Medizintechnik sowie Fachabteilungen für computerimplementierte Erfindungen sowie Chemie und Life Science.
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Quelle: ots