Brüssel (ots) –
Am 15. November veröffentlichte die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) die Ergebnisse der Coordinated Annual Review on Defence (CARD). Diese jährliche Überprüfung gibt einen Überblick über die Verteidigungslandschaft der EU und zeigt Kooperationsmöglichkeiten auf. Bereits im Mai dieses Jahres habe ich die nationalen Alleingänge und die mangelnde Koordinierung und Zusammenarbeit in der europäischen Verteidigung kritisiert. Damit verbunden habe ich die Forderung nach ernstzunehmenden Anstrengungen hin zu einer europäischen Armee und einem europäischen Beschaffungssystem.
Der jetzt veröffentlichte CARD-Bericht gibt meiner Kritik recht. Verteidigungspläne werden noch immer vor allem auf nationaler Ebene umgesetzt. Die wichtigsten Treiber sind nach wie vor national definierte Anforderungen, gefolgt von NATO-Zielen und erst danach EU-Prioritäten. Nur 18 % aller Investitionen in Verteidigungsprogramme werden in Zusammenarbeit getätigt und das auch nur, wenn sie mit nationalen Plänen übereinstimmen, der nationalen Industrie nützen oder strategisch sinnvoll scheinen. Besonders letzteres zeigt den Denkfehler im System, sollte doch die Zusammenarbeit in der europäischen Verteidigung immer als strategisch sinnvoll erscheinen. Das gilt besonders mit Blick auf die langfristige Entwicklung.
Das sollten die europäischen Mitgliedstaaten auch gerade im Rahmen der steigenden Verteidigungsausgaben berücksichtigen. Diese Mehrausgaben bieten mehr Möglichkeiten der Zusammenarbeit und gemeinsamen Beschaffung. Das Problem bleibt jedoch, dass die Mitgliedstaaten alten Mustern folgen. Die mangelnde Kooperation und die fehlende Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten setzen sich fort. Die Mitgliedstaaten tendieren zu schnellen nationalen Entscheidungen, die die mittel- bis langfristigen Auswirkungen auf die europäische Verteidigungslandschaft außer Acht lassen. Laut Bericht zeigt sich das zum Beispiel darin, dass Mitgliedstaaten nicht EU-konforme Beschaffungen von der Stange bevorzugen, anstatt in Forschung und Entwicklung von gemeinsamen Systemen zu investieren. Auf diese Weise werden die Möglichkeiten, die sich durch die gesteigerte Investitionsbereitschaft bieten, ungenutzt bleiben und die europäische Verteidigung wird auch in Zukunft ineffektiv und handlungsunfähig sein.
Erschwerend kommt hinzu, dass gemäß dem Bericht auch das Potenzial der bestehenden Verteidigungsinitiativen wie PESCO und der Europäische Verteidigungsfonds (EDF) nicht in Gänze genutzt wird. Auch Verteidigungsoperationen und -Missionen werden nicht ausreichend mit Personal ausgestattet.
Ich begrüße die Forderung des CARD-Berichts, dass die im Strategischen Kompass vereinbarten Ziele in die Fähigkeitsplanung der Mitgliedsstaaten einfließen sollten, um Defizite auszugleichen und gemeinsam die nächste Generation von High-End-Verteidigungsfähigkeiten zu entwickeln. Dementsprechend sollten die CARD-Schwerpunktbereiche kontinuierlich angepasst werden, um die europäische Verteidigung langfristig handlungsfähig zu machen. Des Weiteren bedarf es einer langfristigen Verteidigungsstrategie der EU, an der die Mitgliedsstaaten ihre nationale Verteidigung ausrichten können. Diese muss kooperative Fähigkeitsplanung, Anreize für gemeinsame Forschung und Innovation und eine gemeinsame Beschaffung beinhalten.
Langfristig sollte dieses gemeinsame Vorgehen zu mehr Effektivität, einer besseren Handlungsfähigkeit der europäischen Verteidigung schließlich zu einer gemeinsamen europäischen Armee führen.
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Quelle: ots